Historische Grundwissenschaften und Historische Medienkunde
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Vitrine 10: Eine portugiesische Seekarte des 18. Jahrhunderts ‒ A Portuguese portolan chart of the eighteenth century

Portugiesische Manuskriptkarte (Portolan- bzw. Seekarte): Atlantik mit Küste Brasiliens und von Westafrika
Josephus Teyxeira Paranambucensis Fecit Anno Domini 1764
Universitätsbibliothek LMU München, Nachlass Friedrich Kunstmann C.1.1

Diese großformatige, kolorierte portugiesische Manuskriptkarte wurde 1764 – wie im Titel unter dem Kap der Guten Hoffnung („C[abo] de b[oa] Esperança“) zu lesen ist – von einem Zeichner namens Josephus Teyxeira ausgeführt. Das Unikat wurde 2017 von Herrn Dr. Thomas Horst im Nachlass von Friedrich Kunstmann wiederentdeckt. Es kann nur vermutet werden, dass der ab der afrikanischen und brasilianischen Missionsgeschichte sehr interessierte Professor Kunstmann dieses bis heute in Portugal unbekannte Manuskript als Geschenk von Lissabon mit nach München gebracht hat, um daran weitere Studien auszuführen.
Bei Betrachtung der Karte stechen mehrere kartographische Besonderheiten ins Auge: Die Manuskriptzeichnung wird von einem für Portolankarten typischen Sehnennetz durchzogen. Vier der insgesamt 16 Windrosen sind dabei farblich speziell hervorgehoben. Sowohl der nördliche als auch der südliche Wendekreis („Tropico del cancro“ & „Tropico de capricornio“) finden sich mitsamt dem Äquator („Linha Equinocial“, mit Gradangaben von 318 bis 360 bzw. 0° bis 43°) eingetragen. Als Nullmeridian wurde hier der Meridian von Ferro (die Kanarischen Insel El Hierro) verwendet – denn erst seit 1913 wurde der heute gebräuchliche Nullmeridian mit Greenwich als Bezugspunkt festgelegt. Zudem sind zwei senkrecht auf dem Äquator stehenden Längengrade besonders gekennzeichnet.

Elisa Fabich & Thomas Horst

Portugiesische Manuskriptkarte (Portolan- bzw. Seekarte): Atlantik mit Küste Brasiliens und von Westafrika
Josephus Teyxeira Paranambucensis Fecit Anno Domini 1764
Universitätsbibliothek LMU München, Nachlass Friedrich Kunstmann C.1.1

[Fortsetzung]

Da der Atlantik den Mittelpunkt der Karte darstellt und nur an den Rändern ein Teil Lateinamerikas bzw. Afrikas abgebildet ist, diente sie vermutlich mehr als geographisches Schaubild als realen nautischen Zwecken. Die detailreiche Küstendarstellung (vor allem im Südosten Brasiliens) sowie die zahlreiche Nennung von Ortsnamen fallen dabei besonders auf; ebenso die unterschiedliche Farbgebung für verschiedene Regionen, womit Grenzen eingezeichnet sind.
Am äußersten nordwestlichen Rand fällt eine Insel mit der Beschriftung „Terra noua“ (neues Land) auf, die für Neufundland stehen könnte. Auch findet sich Westeuropa (mit „Irlanda“, „Inglaterra“, „França“, „Espanha“ und dem „Mar Mediterranio“) hervorgehoben; ebenso die markante rot-weiß-blau beflaggte Festung „Mina“. Es handelt sich dabei um das 1482 von den Portugiesen gegründete Fort São Jorge da Mina (Ghana) – die erste europäische Festung in Afrika südlich der Sahara (seit 1637 Hauptquartier der Niederländer).
Eine detaillierte Analyse dieser Karte steht noch aus.

Elisa Fabich & Thomas Horst


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